00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu Blue Waves, dem Podcast für die Bau und Immobilienwelt. Erinnern Sie sich noch an Ihre Kindheit, als sie mit Holzeisenbahn auf Schienen gefahren sind, Tunnel aus Sand gegraben oder Brücken aus Brettern über kleine Bäche gelegt haben? Diese spielerischen Bauwerke sind die ersten Berührungspunkte mit der Welt der Infrastruktur und zeigen, wie faszinierend und wichtig diese ist.
00:00:27: In der realen Welt ist vor allem die Modernisierung dieses dichten Netzes, unserer Ver- und Entsorgungsinfrastruktur in Form von Straßen, Brücken, Schleusen, Kläranlagen oder auch Stromtrassen wichtig. Denn eine funktionierende technische Infrastruktur ist essenziell für das Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft. Und nachdem wir in unserer letzten Folge bereits über das Thema Schiene gesprochen haben, stehen heute Brücken im Fokus. Sie sind die zentralen Bindeglieder der Verkehrswege, machen Mobilitätsströme schneller, sicherer und effizienter.
00:01:00: Aber sie sind auch neuralgische Punkte im Netz. Denn auch negative und besorgniserregende Schlagzeilen wie der Einsturz der Carolabrücke in Dresden gibt es leider ausreichend. Und genau deswegen spreche ich heute mit Christian Ganz und Frank Bornmann Tacheles darüber, wie es um Deutschlands Brücken steht und wie wir die Zukunft der Infrastruktur positiv gestalten können. Hallo Christian und hallo Frank, schön, dass ihr heute da seid.
00:01:26: Danke dir. Hallo Marie.
00:01:27: Hallo.
00:01:28: Ihr arbeitet ja beide bei Drees & Sommer im Bereich Infrastruktur. Frank, du als Head of Infrastructure und Christian, du bist Experte für Brücken- Erhaltungsmanagement und die erste Frage, die ich mir gestellt habe ist, wie fühlt es sich denn für euch an, wenn ihr über eine Brücke fahrt? Wird dann direkt so der Kennerblick aktiviert und analysiert oder bleibt ihr da eigentlich ganz gelassen und denkt gar nicht drüber nach?
00:01:51: Frank Wie ist es bei dir?
00:01:52: Grundsätzlich habe ich großes Vertrauen in unsere Infrastruktur in Deutschland. Ich glaube aber, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, dass man gemeinsam die Anstrengungen unternimmt, mit allen Beteiligten, allen Akteuren, dass dieser Standard so bleibt, so gehalten wird und dass wir wieder einen Schritt nach vorne gehen. Das haben wir vielleicht in der Vergangenheit etwas versäumt.
00:02:09: Aber du fühlst dich sicher. Es gibt dir quasi nur Mut und Motivation für das, was du jeden Tag tust. Christian, wie ist es bei dir?
00:02:16: Die Überfahrt über eine Brücke ist jetzt nicht besorgniserregend. Ganz im Gegenteil, denke ich, kann man davon ausgehen, dass die alle sehr standsicher und verkehrstauglich sind. Es gibt Defizite. Definitiv, die behoben werden müssen. Jetzt mehr als denn je. Aber grundsätzlich aber ein gutes Gefühl.
00:02:32: Sehr schön. Dann sind wir uns doch da alle drei einig, lasst uns jetzt auch dann in das Fachliche einsteigen. Ihr habt ihr schon ein bisschen angefangen. Frank Lass uns zu Beginn unsere Zuhörer:innen einmal so ein bisschen ins Thema reinholen. Wie sind wir denn im Bereich Infrastruktur aktuell aufgestellt? Ich glaube, wir haben ja alle mitbekommen, dass der Deutsche Bundestag im März ein umfangreiches Finanz und Verteidigungspaket auf den Weg gebracht hat.
00:02:54: Und darunter ist auch ein 500 Milliarden € Sondervermögen für Infrastruktur. Brauchen wir diese massiven Investitionen in Sicherheit und Modernisierung der Infrastruktur?
00:03:05: Also ich glaube, wenn man in die Geschichte zurückschaut, war eine moderne, zeitgemäße Infrastruktur die Basis für wirtschaftliche Entwicklung. Für vielleicht auch Erfolgsgeschichten. In der Antike hatten die Römer ein funktionierendes, gut ausgebautes Straßennetz. Sie hatten Wassersysteme, Aquädukt, sie hatten Abwassersystem. In ihren Städten schauen wir nach China. China hat die Seidenstraße aufgebaut, vor Tausenden von Jahren. Also ich glaube, damals war Infrastruktur schon die Lebensader für gesellschaftliche Entwicklung und auch wirtschaftliche Entwicklung.
00:03:36: Und so sieht es heute auch mit dem Sondervermögen ist sicherlich finanzielle Sicherheit da. Ich glaube aber, es besteht ein akuter Mangel an Reformwille und an Trägheit im System und auch an Mangel an Ressource. Und damit müssen wir umgehen. Wir müssen schauen, dass wir dort agiler werden, dass wir diese Themen in den Blick nehmen, uns fokussieren. Und dann bin ich auch guter Dinge, dass wir das Thema Modernisierung unserer Infrastruktur auch perspektivisch erfolgreich in den Griff kriegen.
00:04:05: Das heißt, es liegt nicht nur am Geld, sondern sie müssen einfach ein bisschen größer denken. Christian, jetzt bist du ja unsere Experte für Brücken. Wie sieht es denn da aus? Sind wir in dem Bereich gut aufgestellt? Und wie sieht es zum Beispiel auch beim letzten Podcast über das Thema Schiene gesprochen? Da gibt es ja ganz offiziell, sage ich jetzt mal, so einen Sanierungsstau.
00:04:25: Ist es im Bereich Brücken ähnlich? Wie ist die Situation da?
00:04:29: Ja, es ist ähnlich. Also grundsätzlich sind viele Brücken aus den 60er und 70er Jahren. Wir haben circa 130.000 Straßen und Bahnbrücken in Deutschland. Der Sanierungsstau ist natürlich vorhanden, der ist aber nicht definierbar. Sehr unkonkret. Das ist eine unserer Aufgaben im Erhaltungsmanagement festzustellen, wie umfangreich dieser ist. Wir haben über 11.000 Brücken oder fast 10 % die sanierungsbedürftig sind vom Gesamtbestand. Bei den Bahnbrücken sind circa 11.000 älter als 100 Jahre.
00:05:00: Viele Brücken befinden sich schon in der zweiten Lebenszyklushälfte. Von daher kommen große Aufgaben auf uns zu, die damit einhergehen. Die Verkehrszahlen sind natürlich vom Erbauungszeitpunkt an sehr hoch gestiegen. Die Belastung nimmt immer weiter zu, jährlich seit Jahrzehnten. Natürlich sind die Schäden, die dadurch an den Briten entstehen und die der Substanzverzehr, der dadurch eintritt, kommt jetzt zum Tragen.
00:05:26: Und die Aufgaben müssen wir natürlich jetzt angehen. Also ich glaube zu sagen, dass der Sanierungsstau nicht vorhanden wäre, wäre einfach nicht richtig.
00:05:34: Dann danke da auch für die Klarheit. Bevor wir genauer darauf eingehen, wie man das Ganze angeht. Du hast gerade davon gesprochen, dass Brücken im zweiten Lebenszyklus sind. Jetzt sind unsere Zuhörer:innen natürlich nicht alle Brücken Expert:innen. Kannst du einmal ganz kurz erläutern, was zweiter Lebenszyklus bei Brücken bedeutet?
00:05:49: Rein normativ sind praktisch die Brücken auf 70 bis 100 Jahre ausgelegt. Das ist die Nutzungsdauer. Man spricht auch, wenn heutige Brücken, die schon mehrere Jahre alt sind, von Restnutzungsdauer. Also man ermittelt sozusagen die restliche Zeit, in der man das Bauwerk nutzen kann. Ganz einfach gesprochen, wenn die Hälfte der Restnutzungsdauer aufgebraucht ist, dann rutscht sozusagen die Brücke in den zweiten Nutzungszeitraum.
00:06:14: Und die Schäden, die strukturellen Schäden, die entstehen können durch den Schwerverkehr bzw. durch die Belastungen, die kommen eben in der zweiten Nutzungsphase sehr zum Tragen, sehr sichtbar zum Tragen durch Beton auf Plattformen und in dieser Phase befinden wir uns momentan im deutschen Bestand der Bestandsbrücken und das dann die Aufgaben, die uns beschäftigen.
00:06:35: Und jetzt natürlich die Frage was ist die Lösung dafür? Also was können wir tun, um dem entgegenzutreten, da voranzukommen und vor allen Dingen aber auch um solche Ereignisse wie mit der Carola Brücke zum Beispiel in Dresden in Zukunft zu vermeiden.
00:06:49: Also grundsätzlich, wie gesagt, in der zweiten Nutzungsphase sind eben die Schadenssachverhalte an den Brückenbauwerken. Dort sieht man sie erst in der ersten Nutzungsphase hat man sozusagen noch mit wenig Ressourceneinsatz, das heißt also Geld, Zeit und Personal den Brückenbestand halten können. Wir sind jetzt in der zweiten Nutzungsphase. Die Schäden werden immer umfangreicher. Die Maßnahmen, die man trifft, werden immer weniger effektiv.
00:07:13: Das heißt also, Sanierungsmaßnahmen werden immer auch den Ersatzneubau entgegengestellt. Auch dort ermittelt man die Restnutzungsdauer, die mit einer Sanierungsmaßnahme noch herbeigeführt werden kann. Wir müssen jetzt schauen, dass wir den Gesamtbestand praktisch betrachten, weil es natürlich in der Natur der Sache beim Brückenbauwerk liegt, dass jedes Brückenbauwerk einzigartig ist. Jedes Brückenbauwerk hat eine gewisse Form, eine gewisse Länge und eine Breite. Sehr individuelle Bauwerke, auch für den Baugrund, die Gründungen, die dazugehören und wir müssen den Gesamtbestand eines Trägers, einer Großstadt, eines Ministeriums, eines Landes betrachten und die Grundlagen sozusagen erst mal ermitteln, wie der Status quo das Brückenbestand ist.
00:07:58: Es können Hunderte sein, es können auch Tausende sein. Und wir müssen eben dort schauen, wo der Sanierungsstau liegt. Wir müssen eine Strategie entwickeln, wie der Sanierungsstau abgebaut werden kann, aber gleichzeitig natürlich auch, sagen wir mal, in die Jahre gekommene Bauwerke noch weiterbetreiben, also die Restnutzungsdauer voll ausgenutzt werden kann. Das Ganze muss eben in einer Erhaltungsstrategie münden.
00:08:20: Wie genau sieht dann so eine Erhaltungsstrategie aus? Kannst du das skizzieren oder ist es wirklich von Brücke zu Brücke auch anders?
00:08:27: Grundsätzlich gehen wir praktisch bei unserer Erhaltungsstrategie so vor, dass wir den Gesamtbestand betrachten und dann auf die Einzelbauwerke runterbrechen. Es gibt dann verschiedene Einflussfaktoren, die betrachtet werden müssen, je nachdem, in welcher Baulast wir uns da befinden. Das heißt also natürlich die verkehrliche Belastung, die verkehrliche Relevanz des Bauwerks im Gesamtsystem, aber auch Sachen wie Anlieger, Anwohner, Einwohner, alles, was mit Menschen zu tun hat. Die Akzeptanz der Bürger,
00:08:53: auch wenn wir uns vorstellen, dass wir drei Brücken in verschiedenen Standorten oder vier, fünf Brücken in einer Großstadt praktisch außer Betrieb nehmen würden für umfassende Erhaltungsmaßnahmen und es dann zu zahlreichen Staus kommen würde. Was auch einen volkswirtschaftlichen Schaden nach sich zieht. Das sind alles relevante Parameter, die bei so einer Strategieentwicklung praktisch mit einfließen und innerhalb der Strategieentwicklung wird versucht, ein möglichst eingriffsarmes Doing zu finden, um eben diese Sanierungsdefizite dann aufzuarbeiten.
00:09:23: Das kann man sich vorstellen, was praktisch eine Timeline erstellt wird, wann welches Bauwerk in welchen Bereich zu sanieren ist, wie die Sanierungsmaßnahmen aussehen, welcher Umfang das Ganze beinhaltet, welche Auswirkung es auf den Verkehr hat und wo natürlich auch mal ein Ersatzneubau durchgeführt werden muss, um die Struktur zu verjüngen.
00:09:41: Jetzt hast du ja von Sanierung und Ersatz Neubau gesprochen. Also eigentlich eine Frage, die wir uns in der Baubranche ja generell immer stellen Wird neu gebaut oder wird saniert? Was ist auch die sinnvolle Maßnahme? Wie wird es denn bei Brücken entschieden? Also wann wird sich für einen Ersatzneubau entschieden und wann wird saniert?
00:09:57: Grundsätzlich ist es sehr speziell im Brückenbau. Man muss sich jedes einzelne Bauwerk und eben diese Einflussfaktoren dort anschauen. Was dort Sinn macht und was dort keinen Sinn macht. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass eine Sanierung immer natürlich einem Ersatzneubau vorgezogen wird. Die Sanierungsmaßnahme wird üblicherweise vom Ingenieurbüro betrachtet, was ein Ingenieurbüro, die Tragwerksplanung betrachtet die Schäden, die vorliegen und schätzt ungefähr ein, was überhaupt noch Sinn macht an der Brücke.
00:10:24: Das heißt vielleicht ein Betonersatzstoff, vielleicht nur in eine neue Asphaltoberfläche. Vielleicht sind auch nur Verkehrssicherungseinrichtungen wie Schutzplanken zur erneuern oder ein umfangreicher Lageraustausch, der durchgeführt werden muss. Und je nachdem, welche Restnutzungsdauer dann eben berechnet wird, wird entschieden, ob es sich lohnt oder nicht. Und diese Restnutzungsdauer kann eben sehr kurz ausfallen. Dann wären erneut Maßnahmen notwendig und das Ganze wird dann so teuer und so ineffektiv, dass eben ein Ersatzneubau auf sagen wir mal einer mittelfristigen Schiene einfach wirtschaftlicher sicht darstellen kann, und so wird eben entschieden anhand der Restnutzungsdauer.
00:11:02: Jetzt hast du gerade schon das Thema Belastung angesprochen und Frank, da gucke ich auch noch mal so ein bisschen in deine Richtung, weil er so ein bisschen den übergeordneten Blick auf das Thema Infrastruktur hast. Wenn jetzt so eine Brücke erneuert werden muss, dann betrifft es ja unterschiedliche Personen. Es betrifft, Christian, wie du auch gerade schon gesagt hast, die Anwohner den Verkehr, die Kommunen.
00:11:21: Kannst du einmal sagen, Frank, auf was man da auch wirklich alles achten muss, auch gerade mit dem Aspekt des Themas Umwelt und welche Auswirkungen das auf welche Stakeholder ganz konkret hat. Wenn eben so eine Brücke neu gebaut werden muss oder saniert werden muss?
00:11:36: Also ich denke, die Projekt Art Brücke ist nicht trivial zu betrachten, wenn man das Umfeld sich anschaut und die Auswirkungen die eine Brücke, egal ob es Ersatzneubau ist oder auch Sanierung mit sich bringt. Man hat zum einen den Aspekt der Umwelt, die Schutzgüter und hat oft eine lange Bauzeit oder eine lange Zeit der Sanierung. Transportwege verändern sich, sogenannte Umgehungsverkehre müssen eingerichtet werden.
00:11:57: Vielleicht müssen vor Ort Maßnahmen getroffen werden, dass man überhaupt den Verkehrsfluss aufrechterhalten kann. Es greift teilweise ein, in Lieferketten und in Transportwege der Unternehmen. Ja, es gibt sicherlich erhebliche Einschränkungen in Teilen für den privaten Verkehr, den unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger jeden Tag für sich irgendwie auch einordnen müssen. Sowohl zeitlich wie auch vielleicht, was ihr ganzes Setup, ihre Planung betrifft.
00:12:19: Wir haben es häufig mit Tempolimits zu tun, mit Lastbeschränkungen, die wir erleben. Wenn dann über die Brücken keine LKWs mehr drüber fahren dürfen, sondern nur noch PKWs und auch noch mit reduzierter Geschwindigkeit. Also von daher ist es wirklich komplex und es muss viel Vorarbeit geleistet werden. Ich glaube auch, viel Kommunikation ist wichtig, um alle Beteiligten mit ins Boot zu holen.
00:12:36: Warum tut man jetzt was? Was hat es für Konsequenzen? Wie kann man Abhilfe leisten? Und da ist eine Brücke, wie du es vorher auch gesagt hast, Marie, sicherlich ein Nadelöhr oder ein ganz zentraler Punkt in einem Verkehrsnetz.
00:12:48: Jetzt hängt das Ganze ja einerseits davon ab, was muss getan werden, weil wir eben diese sanierungsbedürftigen Brücken haben. Aber natürlich, wir müssen dem auch ins Auge gucken von Geldern. Und da spielt natürlich die Politik auch eine wichtige Rolle, weil die Finanzierung eben häufig über Gelder des Staates, beziehungsweise Länder und Kommunen läuft und dadurch auch entsprechende Genehmigungsverfahren dranhängen. Was muss ich denn verändern, Frank, damit wir in Zukunft da auch effizienter und nachhaltiger vorankommen?
00:13:17: Also ich stelle mal die steile These auf Geld war nicht wirklich der Faktor, der uns in der Vergangenheit gefehlt hat. Es war eher die Kontinuität, mit der wir die Infrastruktur erhalten und modernisieren. Und auf der Genehmigungsseite sicherlich auch. Wir müssen einfach, um es auf den Punkt zu bringen, schneller werden. Entbürokratisieren, einfacher, schneller, fokussierter die Themen angehen. Vielleicht auch mit neuen Abwicklungsmodellen, mit modularen Bauweisen, mit Vereinfachung an der einen oder anderen Stelle agieren. Um diese Herausforderung irgendwo auch mit dem Mangel an Ressourcen, den Christian ja vorher auch beschrieben hatte, dann überhaupt einen Status zu bekommen, um Modernisierung kontinuierlich umsetzen zu können.
00:13:58: Und jetzt hast du ja gerade gesagt, Geld war in der Vergangenheit nicht das Problem. Jetzt könnte ich ja die ketzerische Frage stellen okay, hilft uns jetzt dieses 500 Milliarden € Paket überhaupt?
00:14:08: Also es hilft uns auf alle Fälle dahingehend, dass wir Planungssicherheit haben von der Politik, dass man jetzt anfangen kann, auch Ressourcen aufzubauen und dass man sich als Unternehmen, als Planer, als Dienstleister, als Kommune damit beschäftigen kann, dass diese Kontinuität jetzt möglich ist. Das ist das, was Christian gesagt hat, sich strategisch damit zu beschäftigen und nicht nur opportunistisch. Ich glaube, das ist ein wirklich wichtiger Aspekt, den Geld reinbringt.
00:14:30: Und darauf können wir aufbauen. Das Geld an sich wird keine Wunder bewirken.
00:14:34: Und jetzt habe ich auch Christian noch mal ein bisschen deine Richtung. Eine Frage jetzt hat vielleicht die eine Stadt oder der eine Landkreis ein bisschen mehr Geld und sagt okay, ich hab jetzt das Geld und die Ressourcen, um meine Brücke zu sanieren. Jetzt gibt es aber die andere Kommune, bei der es eigentlich wichtiger ist, dass die Brücke saniert wird.
00:14:51: Wie treffe ich da die Entscheidung? Wer ist jetzt als Erster dran? Also klingt vielleicht ein bisschen banal, aber ich könnte mir vorstellen, dass das tatsächlich auch eine Frage ist, die öfter mal aufkommt. Weil wenn ich das strategisch angehe, muss der dafür eigentlich genau die Pfeiler setzen. Wie werden solche Entscheidungen getroffen?
00:15:05: Also grundsätzlich ist natürlich die große Frage, wo das Investitionspaket, was jetzt von der Regierung freigeschaltet wird, wo die Gelder hinfließen, das ganz klar. Also genau diese Fragen werden gestellt. Wir warten natürlich hier auch noch auf Antworten. Diese Antworten gibt es eben noch nicht. Ich gehe mal davon aus, dass die Lastträger oder die Kommunen dann praktisch ihre Bedarfe anmelden.
00:15:24: Dazu müssen sie eben den aktuellen Stand ihrer Infrastruktur kennen. Ich bin der Meinung, dass das an der einen oder anderen Stelle bereits daran hapert, wie der aktuelle Bauwerkszustand ist, dass es eben mehr als nur Noten, die vergeben werden, Zustandsnoten der Bauwerke. Sondern doch eher Themen, die sagen wir mal kurz bis mittelfristig zum Tragen kommen. Was man heute vielleicht noch mal sieht, wo man heute eine Investition tätigen muss, damit es eben morgen auch noch funktioniert.
00:15:49: Und hier ist die Sichtweise doch sehr eingeschränkt. Das heißt, natürlich werden jetzt Feuer gelöscht, davon gehe ich stark aus. Alles wo bisher Mittel gefehlt haben, werden jetzt die Mittel natürlich beantragt und auch investiert. Aber die Frage ist natürlich, wie kann so ein Erhaltungsmanagement von dritten eben Bauwerken mittelfristig bis langfristig funktionieren? Wenn wir in Jahrzehnten denken und das ist relativ neu, da kennen sich relativ wenige aus und ich denke, da muss jede Kommune dann selbst sehen, wie sie da sozusagen agiert.
00:16:19: Lass uns nach der ich nenne es jetzt mal „Grauen Theorie“ mal ein bisschen in die Praxis schauen und über ein konkretes Projekt sprechen. Es gibt ja bereits einige Städte, die das Thema aktiv angehen Das Land Baden Württemberg. Städte wie Stuttgart oder Nürnberg machen es vor. Die setzen bereits auf strukturierte, kosteneffiziente und nachhaltige Sanierungspläne und Baden Württemberg hat zum Beispiel auch ein strategisches Brückenerhaltungsprogramm gestartet, um besonders gefährdete Brücken bis 2030 zu ersetzen.
00:16:46: Ich würde aber tatsächlich ganz gerne auf die Stadt Nürnberg schauen, weil ich weiß es ein Projekt, an dem er eben auch gerade arbeitet. Wie sieht es denn da aus? Wie viele Brücken müssen saniert werden und wie seid ihr das Ganze angegangen?
00:16:59: Ja, die Stadt Nürnberg ist grundsätzlich gut aufgestellt. Das Tiefbauamt dort, das sich um die Brückenerhaltung und Unterhaltung kümmert, kennt ihre Bauwerke im Grunde sehr genau, hat die Bestandsdaten, die Grundlagen alle vorliegen. Wir haben dort für die Stadt Nürnberg eine Rückschau erstellt. Wir haben praktisch über ein Jahrzehnt nach hinten gesehen und haben dort praktisch die Entwicklung bis zum heutigen Stand berechnet und nachverfolgt und praktisch geschaut, wie sich der Brückenzustand insgesamt.
00:17:27: Wir haben circa 300 Bauwerke, wie sich dieser Zustand in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Die Stadt Nürnberg hat enorme Ressourcen eingesetzt, viel Personal, viele Maßnahmen wurden durchgeführt und wir haben schlussendlich festgestellt, dass der durchschnittliche Bauwerkszustand gerade so gehalten werden konnte. Mit einer leicht tendenziellen Verschlechterung für die Zukunft. Da wir unsere Ergebnisse ja nach vorne prognostizieren können, sehen wir den ungefähren Verlauf und wir stellen fest dadurch, dass eben die Bauwerke in dieser zweiten Nutzungsphase eben sind.
00:17:59: Also von den 300 Bauwerken sind circa 200 Bauwerke in der zweiten Nutzungsphase. Also älter als 50 Jahre und dort sind die Sanierungsmaßnahmen immer weniger effektiv. Die strukturellen Verbesserungen, die durch eine Erhaltungsmaßnahme durchgeführt werden, können nicht den Effekt erzielen, wie es in der ersten Nutzungsphase ist. Und dementsprechend ist es nur ein weiteres Beispiel dafür, dass eben im mittel bis langfristiges Erhaltungsmanagement eine Strategie zum Erhalt der Bauwerke für die Aufrechterhaltung der Nutzungsdauer und Sicherstellung eben dieser 70 bis 100 Jahre.
00:18:32: Dass es enorm wichtig ist, auch wenn man die Mittel dazu hat, ist eben eine Strategie ganz, ganz besonders wichtig. Und natürlich ist es so, dass eine Ersatzmaßnahme, also ein Ersatzneubau für eine Brücke, so weit wie möglich nach hinten verschoben wird und das führt irgendwann dazu, dass die Altersstrukturen derartige Defizite vorweisen, dass das Erhaltungsmanagement nur noch mit immensen Mitteln aufrechterhalten werden kann und praktisch irgendwann zusammenbricht.
00:18:56: Also auch die Stadt Nürnberg kam durch unsere Zusammenarbeit zu dem Schluss, dass hier praktisch die Strategie gewechselt werden muss. Und da sind wir dran.
00:19:05: Kommt ja sicherlich auch daher, dass ich versuche, so einen Ersatzneubau möglichst weit nach hinten zu ziehen, weil der wahrscheinlich noch weitere oder extremere Belastungen für alle Anwohner etc. Stakeholder, die wir haben, bedeutet als so eine Sanierung.
00:19:17: Es ist eine Einschränkung für alle Verkehrsbeteiligten, die da durchgeführt wird. Das sieht man innerstädtisch immer sehr ungern, sehr kritisch natürlich auch innerstädtisch, weil das einfach, sagen wir mal, eine Brücke überführt, etwas entweder am Fußgängerweg oder eine S-Bahn, vielleicht die Schiene zum Hauptbahnhof. Das heißt also immense Einschränkungen für die Medien, die unten drunter durchführen, was natürlich immer dazu führt, dass man versucht, das Bauwerk so lange wie möglich zu erhalten.
00:19:42: Allerdings gibt es dort einen Break Even Point, der nicht überschritten werden sollte und zumeist ist er überschritten.
00:19:49: Und ich glaube, da ist auch ganz besonders das Thema. Frank, was du angesprochen hast Kommunikation. Vorweg ganz, ganz wichtig wäre eigentlich denke ich mir, sollten ja die Menschen auch verstehen, dass solche Sanierungen notwendig sind, damit wir eben solche Geschehnisse wie jetzt bei der Carolabrücke vermeiden können. Also es ist natürlich jetzt ein Extremfall und dafür Verständnis haben.
00:20:07: Also es wäre mal Interessant zu beobachten. Müsste mal eine Studie machen, ob es mehr Verständnis dafür gibt, wenn solche Vorfälle waren. Aber das soll jetzt nicht Thema unseres Podcast sein. Christian, wenn wir generell von Bauprojekten sprechen, haben wir ja auch immer mehr digitale Lösungen, die sozusagen das Bauen besser machen. Und es verändert sich viel durch Digitalisierung, weil mehr Daten verfügbar sind. Daten spielen ja auch im Erhaltungsmanagement eine große Rolle. Christian, das hast du schon gesagt.
00:20:31: Welche Rolle spielen jetzt digitale Lösungen bei der Planung und Umsetzung von Brückenbauprojekten? Ist es da auch ein Thema oder sind wir da noch an einer ganz anderen Stelle, sodass wir noch einfach zu wenig Daten haben, um überhaupt mit solchen digitalen Lösungen arbeiten zu können?
00:20:45: Gut ich sag mal, die digitalen Lösungen, wie in Bau selbst, die sind natürlich darauf ausgelegt, dass man immer gleichbleibende Prozesse hat, immer gleichbleibende Bedingungen, die angesetzt werden, die betrachtet werden. Jede Brücke überspannt einen Bereich und ein Medium, was individuelle ist. Mal ist es ein Fluss, mal ist es eine S-Bahn. Die Spannweiten können sehr kurz sein, die Spannweiten können sehr weit sein. Die Bauarten sind sehr vielfältig, es ist eine große Vielfalt an Bauarten, die es für Brückenbauwerke gibt, verschiedene Bauhauptstoffarten. Also es sind sehr viele Parameter beim Brückenbau, die natürlich eine digitale Lösung für die Planung und für den Bau erschweren, nicht unmöglich machen, aber erschweren.
00:21:26: Und die Frage ist natürlich was macht dort Sinn und was macht nur keinen Sinn? Das muss man individuell festlegen. Natürlich gibt es Building Information, modeling. Ein, ich sag mal BIM Modell einer Brücke mit hinterlegten Informationen für die Bauleitung zum Beispiel, in denen Pläne, Baustoffarten, Kubikmeter, Tonagen abgelegt sind, so dass der Bauprozess an und für sich beschleunigt werden kann, sind sicherlich sinnvoll.
00:21:51: Wie umfangreich das Ganze angewendet wird, sei dahingestellt. Ich denke nicht, dass wir von einer flächendeckenden Lösung jetzt sprechen können. Es sind doch immer noch Einzelbau werke, in denen BIM-Modelle vom Anfang bis zum Schluss eben angewendet werden. Das liegt einfach daran, dass das gesamte Modell jedes Mal komplett neu erstellt werden muss. Bei kleineren Überführungsbauwerken, wie sie zum Beispiel standardmäßig über eine vierspurige Autobahn gebaut werden.
00:22:17: Das sind Standardmodelle. Dort macht es sicherlich sehr viel Sinn, eine große Talbrücke über ein spezielles Tal mit einer speziellen Geografie, wo Windgeschwindigkeiten berechnet werden müssen, damit die Brücke nicht aufschwingt. Wo spezielle Gründungen vielleicht vorhanden sind, ist es doch im Teil, sehr schwierig, kann individuell notwendig und sinnvoll sein, muss man aber im Einzelfall abstimmen und betrachten.
00:22:42: Dann haben wir noch zwei andere wichtige Schlagworte. Nenne ich es mal so im Baukontext. Das eine ist Neue Technologien und das zweite ist Nachhaltigkeit. Jetzt hast du gerade schon mehrfach eigentlich betont, es gibt viele Brücken, die sehr individuell sind. Das heißt bei Technologien, wenn ich jetzt zum Beispiel im Bau insgesamt spricht man mehr von Modularen bauen, um sozusagen eine Vorfertigung zu haben.
00:23:02: Jetzt ist meine steile These Vermutung, Wie auch immer, das das wahrscheinlich auch im Brückenbau eher schwierig ist, oder? Weil wir eben so viele individuelle Brücken haben, dass uns eine modulare Bauweise gar nicht unbedingt helfen würde. Aber ihr wisst es besser.
00:23:16: Also auch hier muss man betrachten natürlich bedingt eine modulare Bauweise, dass praktisch das Grundmodell oder die Grundstruktur der Brücke, Auflagebereiche, Gründungselemente, das die ziemlich artgleich sein müssen, dann macht modulares Bauen sicherlich Sinn. Bei kleineren Bauwerken, wie ich es als Beispiel genannt habe, Überführungsbauwerke über Autobahnen, die standardmäßig immer 50 bis 60 Meter lang sind. Dort macht modulares Bauen natürlich Sinn.
00:23:43: Ich glaube aber nicht unbedingt, dass die Baugeschwindigkeit dermaßen erhöht werden kann, dass wir hier von einer Halbierung der Bauzeit sprechen. Die Maßnahme, selbst diese Module auf der Baustelle einzusetzen, ist natürlich eine Verhinderung vielleicht von Sperrzeiten. Da muss eine Autobahn nicht gesperrt werden oder nur kurzfristig. Die Sperrpausen bei den Schienen sind eh ein ganz, ganz schwieriges Thema, sehr langwierig, können verkürzt werden in diesem Bereich.
00:24:09: Aber es geht ja praktisch wieder hier um die Restnutzungsdauer, das heißt also welche Auswirkungen auf ein modulares Bauen, was vielleicht zwei Jahre gedauert hat , auf die 100-jährige Nutzung. Und dort gibt es eben wenig Erfahrungswerte anhand von modularen Bauen. Man kennt das natürlich, dass die Fabriken bzw. eine Werkfertigung eine sehr hohe Qualität in sich bergen. Eine Qualität, die auf der Baustelle so nicht umgesetzt werden kann.
00:24:32: Das ist sicherlich richtig, aber die Restnutzungsdauer und die Langlebigkeit der Bauwerke, insbesondere wenn man zum Beispiel Kappen austauschen muss. Ob es da riesige Vorteile gibt, das ist ein Fragezeichen.
00:24:45: Frank, du hast jetzt, als ich das Thema in Raum gestellt, auch direkt zu mir geschaut. Wie siehst du das ganze Thema neue Technologien und Bauweisen?
00:24:52: Ich glaube, Christian hat als Experte wirklich sehr gut erläutert. Es gibt Möglichkeiten, die muss man frühzeitig erkennen. Da kann man auch darauf hinwirken und hin planen. Da kann man auch Anreize schaffen, vielleicht für Bauunternehmen in die Richtung zu denken, weiterzuentwickeln. Nicht bei allen Bauwerken wir des funktionieren. Je kleinteiliger, je komplexer vielleicht je individueller und einzigartiger die Bauwerke werden.
00:25:12: Ist, wie Christian es erläutert hat, das schon sehr stark limitiert. Aber allein dieser Ansatz, mal genauer hinzuschauen, zu fokussieren, sich vorzubereiten, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, Anreize zu schaffen. Ich glaube, damit kann man schon was rausholen. Und wenn es am Ende nur 10, 20, 25 % sind. In Summe bringt es uns weiter, wie in dem Status Quo zu verharren und nichts zu tun.
00:25:32: Ich würde da vielleicht noch ergänzen. Man kann mit dem modularen Bauen, mit dem schnellen Bauen natürlich jetzt gewisse Defizite aufarbeiten und aus einem schlechten Stand einen guten Stand machen, ohne vielleicht die gesamte Nutzungszeit oder die Nutzungsdauer insgesamt zu betrachten. Von daher bin ich da auch völlig dabei, was Frank sagt. Grundsätzlich sollte man aber vielleicht bei der Materialforschung mehr ansetzen, das heißt vielleicht neue Materialien, die eine gewisse Dauerhaftigkeit haben, eine bessere, höhere Dauerhaftigkeit, als es die konventionellen Beton momentan tun.
00:26:02: Da denke ich, gibt es Ansätze. Allerdings müssen wir dort mit dem großen Thema Nachhaltigkeit schauen. Es gibt die Carbonbetone, verschiedene Betonarten Herstellarten, in denen in die Beton eher ein Zusatzstoff, ein Zusatzelement eingelegt wird, um die Dauerhaftigkeit, die Tragfähigkeit zu erhöhen. Die Frage ist natürlich, wenn man das Ganze dann wieder rückbaut in 70-100 Jahren, in den nächsten Generation, wie ist die Fähigkeit, das Material wieder zu recyceln?
00:26:29: Das ist ein großes Thema. Momentan möchte man eine 100 % Quote. Wir sind nahe dran, aber Einlagen und der Erschaffung von Sondermüll, da muss es einfach eine Ausgewogenheit geben, die man jetzt sicherlich betrachten soll.
00:26:43: Wie ist es denn jetzt? Hast du gerade schon ein Punkt angerissen mit dem Rückbau und wie das Ganze dann recycelt werden kann, damit wir eben auch möglichst nachhaltig sind. Wenn jetzt heute eine Brücke gesprengt wird, was passiert denn mit den in Anführungsstrichen „Abfällen“, die dort zu Tage kommen? Was kann heute schon wieder zurückgeführt werden, was vielleicht auch nicht? Wie ist da der Stand?
00:27:03: Gut, die Rückführquote der Materialien ist eigentlich sehr hoch. Der Beton kann gebrochen werden, der kann mit verschiedene Körnungsgrößen wieder gebrochen werden und zum Beispiel für Baustraßen wieder zum Einsatz kommen. Wenn er unbelastet ist, kann man den auch wieder in den Baugrund einbauen und die Asphaltdecken kann man wiederverwerten, und Bitumenmischwerken wieder zuführen. Der Bewährungsstahl, der wird herausgetrennt, wird wieder eingeschmolzen. Die hoch duktilen Spannstähle können praktisch separiert werden und auch gesondert abtransportiert werden.
00:27:31: Christian Also man kann sehr viel von der Bestandsbrücke wieder recyceln. Mit dem aktuellen Stand wiederverwenden. Die Gründung bleiben in der Regel vor Ort, manchmal können die auch wieder genutzt werden. Ein Wiederverwendungswert es dort gegeben, was natürlich sehr schön ist. Wie gesagt. Also momentan schaut man natürlich, wie kann man diese Nutzungsdauer von Brücken und praktisch die zukünftige Belastung von Brückenbauwerken entgegenwirken.
00:27:54: Christian Und dort sind eben Materialbeigaben vorgesehen. Es wird geforscht und es gibt schon Beispiele für Carbon betone.
00:28:01: Frank Es gibt aber eine ganz spannende Ergänzung. Marie, wenn so ein Recyclingprozess läuft, kann man auch gewisse Zustände des Materials nutzen, um sie zum Beispiel mit CO2 anzureichern um den Beton als zusätzlichen CO2 Speicher zu nutzen. Auch da gibt es spannende Ansätze. Bis zu 10 % kann man dort dauerhaft CO2 in dem Beton speichern, den man dann irgendwo wieder einbaut.
00:28:22: Frank Vielleicht als Straßenmaterial, als Gründungsmaterial. Das geht heutzutage und das sind auch noch mal spannende Aspekte. Also nicht nur der eigentliche Kreislauf, sondern auch welche Möglichkeiten gibt es, additiv den Kreislauf zu nutzen, um CO2 einsparend oder nachhaltig aktiv zu sein?
00:28:37: Marie Interessante Insights an der Stelle. Habe ich so auch noch nicht mitbekommen. Aber es ist eine gute Überleitung zum, ja, ich will sagen das letzten Block auch für heute: das Thema Zukunft. Christian, du hast schon gesagt, wir müssen schauen, um Brücken langlebiger zu machen. Welche Materialien verwenden wir? Was gibt es denn noch für weitere Punkte, damit wir in Zukunft Brücken haben, die vielleicht auch einen längeren Lebenszyklus als die 100 Jahre haben?
00:29:04: Christian Ja, es gibt da zwei wesentliche Punkte. Also natürlich, wie ich eben angesprochen hatte, die Brücke, die Tragkonstruktion an und für sich, die verwendeten Materialien, die Bauarten, das statische System, also alles bauwerksbezogen, an den Parametern man drehen kann, an denen man forschen kann. Und das zweite sind natürlich die Belastungsthemen. Die Brücke altert ja nur schnell und wirft strukturelle Defizite auf, da eben der Verkehrsfluss, insbesondere der Schwerverkehr, als wesentlicher Lasteintrag in die Brückenkonstruktion praktisch immer weiter steigt.
00:29:35: Christian Also wenn wir natürlich hier die Belastung aus dem Schwerverkehr reduzieren könnten, zu mindestens mal abschwächen oder das dieser gleichbleibend ist, dann würde natürlich die Nutzungsdauer jeder Brücke auch wesentlich signifikant verlängert werden. Das bedarf natürlich dann ein logistischen Konzept, wie Warenströme transportiert werden können. Es war mal die Rede von viel Zugverkehr, viel Zugtransport, Transport von Waren auf der Schiene. Die Verkehrs zahlen derzeit überall in Deutschland, sicherlich auch europaweit, zeigen eben Zahlen, die kontinuierlich steigen.
00:30:09: Christian Jeder kennt es, jeder bestellt bei Amazon überall kommen Pakete an, werden Pakete verschickt, Gerätschaften werden versendet. Von daher ist die Belastung für die Brücke, war jetzt noch nicht abzusehen. Aber natürlich könnte die Verkehrsbelastung insbesondere im Schwerverkehr, für Brückenbauwerke sozusagen, abnehmen und dann würde sich auch automatisch die Nutzungszeit verlängern.
00:30:29: Marie Frank Das finde ich, ist wieder ein super Thema, auch für dich. Das Thema Infrastruktur und wie können wir denn solche Schwerbelastungen reduzieren bzw. Warenströme umleiten? Trotzdem wir natürlich auch in einer globalisierten Welt leben, in der immer mehr quasi auch über Ländergrenzen hinweg etc. transportiert werden müssen? Was sind denn die Themen, die sich verändern müssen in der Infrastrukturentwicklung, damit wir da in Zukunft gut aufgestellt sind?
00:30:54: Frank Ich glaube, wenn wir auch mal weggehen von dem Bauwerk Brücke hin zur Infrastruktur insgesamt, zu unseren Infrastrukturnetzen. Spannend wäre sicherlich, inwieweit wir neue Abwicklungsmodelle, IPA Modelle, Allianzmodelle vielleicht in unsere Infrastruktur Baumaßnahmen integrieren können, wie wir die Anreize schaffen, diese Modelle vielleicht in die Fläche zu bringen. Sicherlich auch noch mal die Frage: Ist ÖPP tot oder nicht? Wie geht man mit privatem Kapital um?
00:31:17: Frank Nicht weil zu wenig Geld vom Staat da ist, sondern manchmal vielleicht Teile des staatlichen Geldes ersetzen möchte und ersetzen kann durch Investmentwünsche, die im Moment auf dem Kapitalmarkt entstehen, in die Infrastruktur zu investieren als neue, ich nenne es mal klassisch Assetklasse, die jetzt wieder attraktiv ist oder attraktiv werden kann. Schneller bauen durch Modularität, hat Christian gesagt. Dort, wo man es kann, glaube ich, sollte man es konsequenter tun, als man es bisher tut.
00:31:42: Frank Es ist nicht überall möglich. Und das Thema Digital, digitalisieren, Daten dort einbauen, wo es am Ende gut reinpasst und sich gut verzahnt zu dem, was man von der ersten Idee, wie man weiter verfahren will, bis hin zum Instandhaltungsmanagement braucht. Dass die Daten als Quelle, als Basis des eigenen Tuns und des strategischen Handelns einfach ein anderes Gewicht bekommen in diesem ganzen Prozess der Modernisierung und der Erhaltung der Infrastruktur.
00:32:06: Marie Jetzt hast du schon darüber gesprochen, Private Investitionen in Ergänzung zu den staatlichen. Was gibt es denn darüber hinaus noch, gerade auch in Richtung Politik, was dort passieren muss, damit wir schneller vorankommen? Weil, wir haben darüber gesprochen, also finanziell ist das Eine, aber wir haben ja auch teilweise elendige Genehmigungsprozesse. Wir müssen schneller werden, hast du auch zu Beginn gesagt, wir müssen aus der Trägheit raus. Was muss da passieren?
00:32:30: Marie Also wenn du quasi meinen Wunschkonzert machen könntest, was würdest du dir wünschen?
00:32:33: Frank Also ich glaube in einer Umfrage, die ich letztens mal wieder gelesen habe der größte Schmerz ist dieses Thema der Genehmigung. Wenn wir an dieser Stellschraube wirklich was tun könnten, was bewegen könnten, uns da aus unserem aktuell eingeschliffenen System befreien könnten, da wäre sicherlich ein großer Schritt getan. Dann glaube ich, es geht darum, Anreize zu schaffen für alle Beteiligten in diesem Bauprozess, in diesem Projekt der Brücke oder der Infrastruktur.
00:32:55: Frank Für mich ganz, ganz wichtig Kontinuität und Planbarkeit. Ich kann über Jahre hinweg mit Prozessen, mit Vertragspartnern, die Dinge angehen, sie konsequent planen, in einer hohen Qualität vorbereiten und umsetzen ganz, ganz wichtig. Und Innovationswille. Und aus dem Dreiklang glaube ich, wenn wir den vereinen und den bündeln, können wir einen großen Schritt nach vorne gehen.
00:33:19: Marie Christian eine Frage habe ich noch an dich: Was glaubst du denn, welche Themen werden Brückenexpert:innen wie dich in zehn Jahren beschäftigen?
00:33:29: Christian Grundsätzlich die gleichen Themen, die es heute sind. Frank hat es eben ganz klar und sehr eindeutig gesagt. Wir müssen eben ein kontinuierliches Erwartungsmanagement aufbauen. Das ist einer der höchsten Prioritäten. Wir kommen von einer Zeit, in der die Probleme für jeden einzelnen Fall einzeln betrachtet wurden. Wir müssen von diesem Einzelfalldenken weg. Wir müssen das Gesamte betrachten. Ich sage mal gerne wir sind im Erhaltungsmanagement wie eine Unternehmensberatung.
00:33:57: Christian Das heißt, wir stellen Grundlagen fest. Wie ist der aktuelle Zustand der gesamten Brückensubstanz. Wo entwickelt sie sich in den nächsten 5, 10, 15, 20 Jahren hin? Und wie können wir eben Defizite, die bereits vorherrschen, in einer gewissen Zeit abbauen? Und wie können wir das Erhaltungsmanagement nur für den Erhalt eines ausreichenden Brückenbestands praktisch die Weichen stellen, welche Mittel, welche Ressourcen sind dafür notwendig.
00:34:21: Christian Und das bedarf eben einer gewissen Kontinuität. Ganz wichtig innovative Lösungen. Das heißt also neues Denken, ein strategisches Denken im Erhaltungsmanagement für Maßnahmen, die eben eine ganze Stadt oder ein ganzes Land berühren können. Und von daher werde ich mich sicherlich noch weiterhin um Defizite in der Brücken Struktur kümmern müssen.
00:34:41: Marie Das heißt, du weißt schon ganz konkret, was so bis zur Rente zu tun hast. Auf alle Fälle, da steht noch einiges an und auch wenn jetzt wir Zuhörer:innen haben, die vielleicht gerade noch überlegen, was sie studieren oder in welchem Berufsfeld sie einsteigen. Das auf alle Fälle ein Bereich generell. Das Thema Infrastruktur, was viel Zukunft hat und wo man als Experte definitiv gebraucht wird.
00:35:01: Marie Ich würde jetzt gern, nachdem wir doch viele Themen angeschnitten haben, noch mal so ein bisschen zusammenfassen, was ich für mich heute mitgenommen habe. Und wenn ihr noch Ergänzungen habt, dann gerne. Der erste wichtige Punkt war für mich: Wir brauchen eine Strategie und nicht nur finanzielle Mittel, damit wir das Ganze strategisch angehen können. Es muss kontinuierlich etwas passieren. Wir sollten versuchen, möglichst viel vom Einzelfall zum Gesamten zu denken, müssen aber trotzdem berücksichtigen, dass jede Brücke ein Stück weit individuell ist.
00:35:30: Marie Das heißt, da wo es geht, versuchen wir zu vereinheitlichen, mit schnelleren Maßnahmen zu arbeiten. Aber es wird auch immer die Sonderfälle geben, die wir individuell betrachten müssen. Und wir müssen in Zukunft Innovationswille mitbringen. Wir müssen uns angucken, welche Materialien können wir verwenden? Wie können wir das Bauwerk an sich sozusagen besser aufstellen? Wie können wir aber auch das Thema Belastung reduzieren, trotz dem steigenden Warenströmen, die da auf uns zukommen?
00:35:57: Marie Gibt es von eurer Seite aus noch Sachen, die ich jetzt in meiner Schnellzusammenfassung vergessen habe? Frank, ich guck jetzt mal in deine Richtung.
00:36:05: Frank Vielleicht ein Aspekt. Kommunikation heißt für mich auch: Lasst uns drüber reden! Ich kann nur den Appell senden die, die mutig sind, die, die diese Erfahrung schon gemacht haben, die sollten vielleicht die Chance nutzen und ihre Erfahrung teilen. Teilen von Wissen bringt, glaube ich, die ganze Branche, alle Beteiligten nach vorne. Das wäre noch mal ein Appell von meiner Seite, denn darüber lernt man auch.
00:36:27: Frank Und warum muss die eine Kommune, der eine Landkreis, der eine Vorhabensträger die Fehler machen, die vielleicht der andere gemacht hat oder kann, nicht von dem lernen, was erfolgreich gelaufen ist in der Nachbarkommune, im Nachbarbundesland. Da würde ich sagen, ist auch noch ein Hebel da, um über Kommunikation und Wissenstransfer alle schlauer zu machen.
00:36:46: Marie Christian, gibt es von deiner Seite aus noch Ergänzungen?
00:36:50: Christian Ich kann nur sagen, wir müssen heute die Grundlagen schaffen für das Morgen. Das bedeutet wir dürfen eben die Augen nicht verschließen vor den strukturellen Defiziten. Wir müssen die abbauen und das vor allem mit einer Strategie und einer Planung.
00:37:03: Marie Ich glaube, das ist auch das Beste, was ihr gesagt habt für eigentlich meinen Abschluss. Denn der erste Punkt Richtung wir müssen es angehen und Wissenstransfer, den haben wir heute gemacht. Ich danke euch beiden, dass ihr bei Blue Waves zu Gast wart und uns das Thema Brückenbau nähergebracht habt und auch erklärt habt. Und für mich ist zusammenfassendes das eigentlich alles ganz passend.
00:37:22: Marie Zu unserem Claim „Move It“ denn es ist deutlich geworden Es liegt noch einiges an Arbeit vor uns, die wir aber angehen müssen. Und es ist der zentrale Baustein, damit wir zukünftig eine Infrastruktur haben, die belastbar ist und die aber auch effizient aufgestellt ist. Ihnen danke ich immer fürs Zuhören und hoffe, sie sind auch bei der nächsten Folge dabei. Von Blue Waves, dem Podcast für die Bau- und Immobilienwelt von Drees & Sommer.